Die Stadtkirche war bis auf den letzten Platz gefüllt beim ,Finale* für Siegfried Bauer mit dem von ihm gegründeten Concerto Ludwigsburg. Am Ende eines glänzend musizierten Programms mit Werken von Mozart, Beethoven und Mendelssohn feierte ihn das Publikum mit Standing Ovations.
VON DIETHOLF ZERWECK
LUDWIGSBURG. Sie kamen von überall her zusammen, um ihrem verehrten Dirigenten und Inspirator mit diesem letzten Konzert unter seiner Leitung ein würdiges Abschiedsgeschenk zu bereiten. Dieses „Finale” nach fünfzig gemeinsamen Konzerten seit 2007 ließ noch einmal auf beglückende Weise erleben, mit welcher Leidenschaft Siegfried Bauer Menschen motivieren kann: Die Ehemaligen des Jugendorchesters, die Musik meist neben ihrem Beruf als intensiv gepflegtes Hobby betreiben, die Mitwirkenden aus dem Sinfonieorchester Ludwigsburg und andere Gäste. Dreiundvierzig Instrumentalisten waren auf dem Altarpodium der Stadtkirche versammelt, ein Probentag vor dem Konzert musste reichen, um das anspruchsvolle Programm einzustudieren, das musikalische Ergebnis war bravourös. Nicht nur die „begeisterten Amateure“ (Bauer) gaben ihr Bestes, auch der Geiger Peter Schulmeister als Solist im Beethoven-Violinkonzert hatte einen umjubelten Auftritt. „Du hast mir soviel Unterstützung gegeben, ich will Dir etwas zurückgeben“, zitiert Siegfried Bauer den heutigen Konzertmeister des Royal Opera House Orchestra in London, der mit seinen Eltern 1990 aus der Sowjetunion nach Ludwigsburg kam und hier seine musikalische Ausbildung fortsetzte.

Wie sehr Prof. Siegfried Bauer auch öffentlich geschätzt wird, zeigte sich in der beim Konzert anwesenden Prominenz: Oberbürgermeister Knecht, Landrat Allgaier und sogar Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit Gattin waren zugegen — wobei sich manche Besucher am Ende des Konzerts fragten, wieso keiner der Anwesenden für den scheidenden Dirigenten bei seinem Abschiedskonzert ein paar Abschiedsworte sprechen wollte. Aber die Musik sprach umso eindringlicher. Mit gebührender Feierlichkeit werden die Bläserakkorde von Mozarts „Zauberflöte“-Ouvertüre intoniert, gebückt doch hellwach leitet der Dirigent mit klaren Stabzeichen durch das fugenartige Allegro, markant die Generalpause vor dem wiederholten Dreischritt der Sarastro-Fanfaren, dann der straffe, zügige kontrapunktische Lauf zum triumphalen Ende.
Blühender Geigenton im Larghetto
Dem Mozart’schen Geniestreich folgt Beethovens Violinkonzert. Auch hier bleibt der für alle Fälle bereitstehende Hochdrehstuhl zunächst unbesetzt, Bauer modelliert die einzelnen Motive der langen Orchester-Exposition mit grof8er Klarheit, den fünf leisen Paukenschlagen folgen die Holzbläser mit klangschönem Einsatz, Klarinette und Fagott artikulieren ihre Tonleitern spannungsvoll, der Tutti-Ausbruch gelingt prächtig. Schon das Ende der Einleitung spielt Peter Schulmeister als „primus inter pares“ auf seiner Geige mit, dann begibt er sich mit feinem Ton in den Dialog mit dem Orchester. Erst in der Durchführung des Kopfsatzes, kurz vor der groBen Solo-Kadenz, nimmt Siegfried Bauer Platz auf dem Drehstuhl zur Entlastung des geplagten Rückens. Schulmeister gestaltet diese Kadenz überraschend eigenständig, die Koloraturen und Doppelgriffe sind prägnant, das Paukenmotiv leitet über zur Reprise und Coda. Seinen blühenden Geigenton kann Peter Schulmeister im Larghetto entfalten, zum virtuosen, quicklebendigen Rondo stemmt sich Bauer wieder hoch vom Sitz und gestaltet energisch das Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester.
Felix Mendelssohn Bartholdys „Reformationssinfonie“ ist natürlich ein Werk, das inhaltlich und spirituell zum Abschied Siegfried Bauers von seinem Concerto Ludwigsburg, mit dem er bei vielen Benefizkonzerten für die Kirchengemeinde aktiv war, passt. Entstanden 1830 zur 300-Jahr-Feier des „Augsburger Bekenntnisses“, zitiert das Werk in seinem Schlusssatz den lutherischen Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“; die ganze Sinfonie verströmt Feierlichkeit, Glaubensstärke und Zuversicht. Doch auch die musikalischen Spannungen und Kontraste kommen in der Wiedergabe durch Siegfried Bauer und das Concerto Ludwigsburg hervorragend zur Geltung. Mit einem andachtsvollen Crescendo und choralartigen Bläserakkorden beginnt die Andante-Einleitung, chromatisch spannt sich der Bogen zum von den Streichern in feinem Pianissimo intonierten ,Dresdner Amen“, welches mitten im kämpferischen Allegro vivace noch einmal innehalten lässt. Wenn schließlich die Soloflöte zu Beginn des Schlusssatzes die Choralmelodie anstimmt, geschieht dies ohne falschen Weihrauch, dynamisch angestoßen von Bauers Dirigierstab. Dieses Finale ist ein strahlendes Bekenntnis zum Leben, und das Concerto Ludwigsburg musiziert es makellos.
Fotos: Andreas Becker